Am 19. Juli 2017 hat das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik das Ende der am 3. Dezember 2015 gestarteten LISA-Pathfinder-Mission und damit verbunden den Beginn der Folgemission LISA (LISA = Laser Interferometer Space Antenna) bekanntgegeben. Im Newsbeitrag vom 04.12.2015 haben wir unter der Überschrift „Gravitationswellen“ ausführlich über beide Missionen und deren Technologie berichtet.
Kurz zur Erinnerung: Um die von Einstein vorhergesagten Gravitationswellen aufzuspüren, sind seit einiger Zeit mehrere erdgestützte Detektoranlagen in Betrieb. Bis heute konnten damit drei durch die Verschmelzung von zwei Schwarzen Löchern mittlerer Masse ausgelöste Gravitationswellenereignisse detektiert werden, und zwar am 11. Februar 2016, im Juni 2016 und am 4. Januar 2017. Die zugehörigen Signale hatten eine Frequenz im Bereich um 100 Hertz. Bei der Verschmelzung von supermassiven Schwarzen Löchern erwartet man jedoch Frequenzen im Bereich von 0,0001 bis 1 Hertz. Die erdgestützten Anlagen sind dafür jedoch zu unempfindlich. Man muss daher in den Weltraum, um eine entsprechend sensitive Detektoranlage zu betreiben.
Das von der ESA geplante Gravitationswellen-Observatorium LISA, dessen Start für 2034 vorgesehen ist, soll diese Aufgabe übernehmen. (Bild 1).
Bild 1: Satellitendreieck des LISA Gravitationswellenobservatoriums
(Quelle: https://www.projectcollision.com/index.php?page=inSpace)
Wie in Bild 1 dargestellt, wird LISA aus drei über Laserstrahlen gekoppelte Satelliten verfügen, die ein gleichseitiges Dreieck mit einer Seitenlänge von 2,5 Millionen Kilometern aufspannen. Das ganze System soll in einem Abstand von rund 50 Millionen Kilometern der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne folgen
In jedem Satelliten befindet sich eine frei schwebende Testmasse, deren Entfernung zu den anderen Massen mit Hilfe von Laserinterferometern kontinuierlich überprüft wird. Zusammenstöße der Satelliten mit dem Staub im Weltraum, mit vereinzelten Protonen oder Mikrometeoriten und der Druck des Sonnenwindes versetzen jedoch die Satellitengehäuse relativ zu den frei schwebenden Testmassen. Um zu verhindern, dass dadurch die Testkörper gegen die Innenwand des Satelliten getrieben werden, haben die Techniker ein ausgeklügeltes System von Positionssensoren und Steuerdüsen vorgesehen, das derartige Verschiebungen korrigieren soll.
Mit dem Start der Raumsonde LISA-Pathfinder (Bild 2) sollte vorab die Funktionalität dieser Technik getestet werden. Dazu enthielt die Sonde zwei im Abstand von rund 40 Zentimetern frei schwebende Gold-Platin-Würfel, deren Position mit Hilfe eines Laserinterferometers überwacht wurde. Man wollte prüfen, wie gut das System in der Lage ist die Testmassen von externen und internen Kräften oder möglichen Störungen abzuschirmen.
Bild 2: Die Sonde LISA-Pathfinder
(Quelle: https://www.elisascience.org/files/imagecache/fullview/images/LPF01.jpg)
Wie die Wissenschaftler nach Ablauf der 16-monatigen Erprobungsphase feststellten, war das Testmodell LISA-Pathfinder außerordentlich erfolgreich. Auch Unterschiede im Gravitationsfeld, die durch die Sonde selbst verursacht werden könnten, waren gleich Null. Die Präzision bei hohen Frequenzen zwischen 0,06 und 1 Hertz übertraf die Erwartungen um das Doppelte, und auch im Frequenzbereich zwischen 0,0001 und 0,06 Hertz waren die Ergebnisse besser als gefordert. Wie Prof. Karsten Danzmann, Direktor am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und Direktor des Instituts für Gravitationsphysik der Leibniz Universität Hannover sowie einer der verantwortlichen Wissenschaftler der LISA-Pathfinder-Mission betont, kann nun die Arbeit am Bau des größeren und anspruchsvolleren LISA-Weltraum-Gravitationswellen-Observatoriums fortgesetzt werden. „Mit LISA werden wir die Verschmelzungen extrem massereicher Schwarzer Löcher aus dem gesamten Universum belauschen und ihre Eigenschaften erfassen. Damit ergänzen wir die Messungen irdischer Detektoren wie GEO600, LIGO und Virgo und vervollständigen unser lückenhaftes Bild von der dunklen Seite des Universums."
Damit hat die Test-Sonde LISA-Pathfinder ausgedient. Am 18. Juli 2017, kurz nach 20:00 Uhr MESZ, haben die Wissenschaftler die Sonde abgeschaltet. Schon im April 2017 wurde LISA-Pathfinder in einen weiten Orbit um die Sonne gehoben. Man will sicher sein, dass zumindest in den nächsten 100 Jahren die Sonde nicht mit erdnahen Satelliten kollidieren kann.
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